Die Reinigung der Töchter Zions

VICTOR HALL

Sieben Frauen

Eine wesentliche Voraussetzung für unser Bürgerrecht im himmlischen Jerusalem ist unsere Mitbeteiligung am Prozess, durch den wir immer mehr von unserer Sünde und Unreinheit befreit werden. Sac13:1. Durch den Propheten Jesaja hat der Herr offenbart, wie die himmlische Stadt von ihrem Schmutz und ihrem Blutvergiessen gereinigt wird. Er beginnt seine Botschaft mit den Worten: "Und an jenem Tag werden sieben Frauen einen Mann ergreifen und sagen: Wir wollen unser eigenes Brot (unsere eigene Speise, NZÜ), essen und uns mit unserem eigenen Mantel bekleiden (mit unseren eigenen Kleidern kleiden, SCHL). Wenn nur dein Name über uns genannt wird! Nimm unsere Schmach hinweg"! Jes4:1.

Die sieben Frauen, die in dieser Prophezeiung genannt werden, sind die sieben Gemeinden, an die Jesus Christus Seine Sendschreiben im Buch der Offenbarung gerichtet hat. Off2-3. Wir erinnern uns an die Beziehung zwischen Gemeinden und Frauen in den Briefen der Apostel. So richtete der Apostel Johannes seinen zweiten Brief "an die auserwählte Frau und ihre Kinder". 2Joh1:1. In ähnlicher Weise schliesst der Apostel Petrus seinen ersten Brief mit den Worten: "Es grüsst euch die Mitauserwählte in Babylon". 1Pe5.13.

Diese sieben Frauen stellen die Fülle einer keuschen Gemeinde dar, die mit dem einen Mann, Christus, verlobt ist. Ihr Beharren darauf, "ihr eigenes Brot zu essen" und "ihre eigene Kleidung zu tragen", zeigt jedoch, dass sie von Satan auf gleiche Weise verführt wurden wie Eva. Sie bestand ebenfalls darauf, ihre eigene Speise zu essen und heftete Feigenblätter zusammen, um die Schande ihrer Nacktheit und ihrer Angst zu bedecken. 1Mo3:6-7.

Der Apostel Paulus drückte in seinem Brief an die Korinther seine Besorgnis über die Anfälligkeit dieser Gemeinde für solche Verführungen aus, als er schrieb: "Denn ich eifere um euch mit göttlichem Eifer; denn ich habe euch einem Mann verlobt, um euch als eine keusche Jungfrau Christus zuzuführen. Ich fürchte aber, es könnte womöglich, so wie die Schlange Eva verführte mit ihrer List, auch eure Gesinnung verdorben [und abgewandt] werden von der Einfalt gegenüber Christus. Denn wenn der, welcher [zu euch] kommt, einen anderen Jesus verkündigt, den wir nicht verkündigt haben, oder wenn ihr einen anderen Geist empfangt, den ihr nicht empfangen habt, oder ein anderes Evangelium, das ihr nicht angenommen habt, so habt ihr das gut ertragen". 2Ko11:2-4.

Die Prophetie Jesajas zeigt, dass es im heutigen Gemeindezeitalter viele Menschen gibt, die von Satan durch alternative Evangelien verführt werden. Diese Evangelien sind geprägt von der Erwartung: "Wenn nur dein Name über uns genannt wird! Nimm unsere Schmach hinweg". Jes4:1b. Diejenigen, die diesen Lehren folgen, verachten das Wort vom Kreuz, das uns einlädt, uns am Opfer und Leiden Christi mitzubeteiligen als Mittel, durch das wir zur Gerechtigkeit Gottes werden. 2Ko5:21. Sie bevorzugen stattdessen ein "Evangelium, das nur zur Erlösung dient", ein "Stellvertreter-Evangelium". Dementsprechend leben sie mit der Überzeugung, dass die Schmach des göttlichen Gerichts wegen ihrer Sünde sei, die durch Christi Leiden stellvertretend für sie beseitigt wurde.

Der Wunsch einer Person, einer Familie, einer Ältestenschaft oder einer Gemeinde, "ihre eigene Speise zu essen", zeigt ihren fundamentalen Glauben, sie hätten die Freiheit, ein Wort auszuwählen oder sogar zu kreieren, das sie anspricht, und die Auswirkungen des Wortes Gottes nach ihrem eigenen Verständnis zu interpretieren. Wenn ein Mensch sich dem Wort auf diese Weise nähert, ist seine Speise nicht die Frucht vom Baum des Lebens. Anstatt zu hören und zu empfangen, was der Geist den Gemeinden sagt, leben sie von einem Wort, das aus ihrem Wissen von Gut und Böse hervorgegangen ist und durch dieses vermittelt wird.

In der Heiligen Schrift steht der Begriff "Kleidung" für den Auftrag eines Menschen für seinen priesterlichen Dienst, durch den Leben fliesst. Der Mensch kleidet sich selbst im Bemühen, die Quelle seines eigenen Lebens und christlichen Verhaltens zu sein. Wenn er so handelt, gibt er seinen Glauben nicht gemäss seiner Heiligung als Sohn Gottes weiter. Vielmehr ist seine "eigene Kleidung" eine Projektion seines selbstgeschaffenen, schändlichen Götzendienstes.

Der schöne und herrliche Spross

In der Prophetie Jesajas heisst es: "An jenem Tag wird der Spross des HERRN schön und herrlich sein, und die Frucht des Landes wird der Stolz und der Schmuck für die Entkommenen Israels sein. Und es wird geschehen: Jeder Übriggebliebene in Zion und jeder Übriggelassene in Jerusalem wird heilig [geheilgt] genannt werden, jeder, der zum Leben eingeschrieben ist in Jerusalem". Jes4:2-3.

Der Spross des Herrn ist zunächst Christus. Wie der Prophet Sacharja verkündete: "Siehe, ein Mann, dessen Name "Spross" ist, denn er wird aus seinem Ort hervorsprossen und den Tempel des HERRN bauen". Sac6:12b. Jeremia beschreibt diesen Spross als "Mandelzweig". Jer1:11. Interessanterweise trugen die Arme des Leuchters in der Stiftshütte des Mose mandelblütenförmige Kelche. 2Mo25:31-40.

Christus "verzweigt sich", indem wir als lebendige Steine zum Tempel Seines Leibes zusammengefügt werden. Joh2:21; Eph2:19-22. Sein Leib ist die Gemeinde, die im Buch der Offenbarung als sieben goldene Leuchter dargestellt wird. Kol1:18; Off1:20. Diejenigen in den sieben Gemeinden, die die Initiative Christi zur Reinigung ihrer Überheblichkeit, ihre eigene Speise zu essen und ihre eigene Kleidung zu tragen, empfangen, erlangen ihre Heiligung als diejenigen, die in Zion und im Neuen Jerusalem bleiben. Sie werden als Teil einer Leuchtergemeinde etabliert. Sie werden als "schön und herrlich" beschrieben und manifestieren weltweit die Frucht des Lichtes des siebenfältigen Geist Gottes.

Es ist bemerkenswert, dass der Herr sagt, dass diejenigen, die "entronnen sind", "unter den Lebenden in Jerusalem eingeschrieben" sind. Das bedeutet, dass ihre Namen im Buch des Lebens stehen, dem Baum des Lebens in der Mitte der himmlischen Stadt. Off22:19. Das Wesentliche ihrer Sohnschaft, das in diesem Baum geschrieben steht, wird ihnen vom Geist durch die Frucht des Baumes des Lebens gegeben, wenn sie sich am Agape-Mahl des Herrn mitbeteiligen. Der Apostel Petrus fasste diesen Punkt zusammen, nämlich, dass jemand durch das Wort Gottes dem Gericht Gottes über das Verderben, das durch die Begierde in der Welt ist, entgeht, wenn er sich entscheidet, sich am Opfer und an den Leiden Christi mitzubeteiligen. Darum hat er als Teilhaber der göttlichen Natur das Recht, vom Baum des Lebens zu essen. 2Pe1:2-4. Die Tatsache, dass einige Menschen entrinnen und im himmlischen Jerusalem bleiben, bedeutet, dass andere aus dieser Stadt entfernt werden. In diesem Kapitel werden wir die polarisierende Wirkung des Wortes vom Kreuz in der Gemeinde weiter aufzeigen.

Ein Geist des Gerichts und des Verbrennens (der Vertilgung)

In Jes4:4-6 verkündet Jesaja, wie Christus zu Seiner Gemeinde kommen wird, um sie von ihrer Sünde und Unreinheit zu befreien und sie als Teil der Brautstadt zu etablieren: "Ja, wenn der Herr den Schmutz der Töchter Zions abgewaschen und die Blutschuld Jerusalems aus seiner Mitte hinweggetan hat durch den Geist des Gerichts und den Geist der Vertilgung (oder des Verbrennens), dann wird der HERR über der ganzen Wohnung des Berges Zion und über seinen Versammlungen bei Tag eine Wolke und Rauch schaffen und den Glanz einer Feuerflamme bei Nacht, denn über der ganzen Herrlichkeit wird ein Schutzdach sein; und eine Laubhütte wird zum Schatten vor der Hitze bei Tag sein, und zur Zuflucht und zum Schirm vor Unwetter und Regen".

Der erste Punkt, den wir beachten sollten, ist, dass der Schmutz und das Blutvergiessen der Töchter Zions die Frucht der christlichen Praktiken sind, die der Herr als das Essen der eigenen Speise und das Tragen der eigenen Kleidung beschrieben hat. "Schmutz" umfasst alle Arten von Unreinheit, die aus dem Ungehorsam gegenüber dem Wort Christi entstehen. Das heisst, er beschreibt alle Verhaltensweisen, Einstellungen und Erwartungen der Menschen einer Glaubensgemeinschaft, die im Widerspruch zur Kultur der Gottesfurcht stehen, wie sie durch die gesunde Lehre definiert wird. "Blutvergiessen" ist die Folge einer mörderischen und verleumderischen Zunge, die in der Gemeinde fortbesteht. Wie der Herr durch den Propheten Hesekiel verkündete: "Verleumder sind in dir, um Blut zu vergiessen". Hes22:9. "Verleumdung" bedeutet, falsche oder ungenaue Aussagen zu machen, um den Ruf einer Person zu schädigen. Es bezieht sich insbesondere auf das Schlechtreden der Boten des Herrn und ihrer Botschaft.

Der Herr wäscht den Schmutz der Töchter Zions ab und reinigt das Blut Jerusalems durch den Geist des Gerichts und durch den Geist des Verbrennens. Er kommt zu Seiner Gemeinde im Geist des Gerichts und des Verbrennens durch den Dienst des Heiligen Geistes, wenn das Wort vom Kreuz durch die Ältestenschaften ("Sterne") in der Rechten Christi verkündigt wird. Dieses Wort, begleitet vom Geist der Gnade und des Flehens, durchdringt unser Herz, um es dem feurigen Blick Dessen auszusetzen, vor dem wir Rechenschaft ablegen müssen. Heb4:12-13.

Wenn wir uns von unserem eigenen Weg abwenden, können wir uns durch die Überführung und Befähigung des Heiligen Geistes für die Gemeinschaft mit dem Opfer und Leiden Christi entscheiden. In den Feuerproben dieser Gemeinschaft wird das Gericht über uns wegen unserer Sünde in Züchtigung verwandelt. Heb12:5-11. In diesem Prozess werden wir von einer Lebensweise befreit, die der Lebenskultur des Reiches Gottes widerspricht, und wir werden fähig, die Werke des Gehorsams zu tun, die zu unserer Sohnschaft in Christus gehören.

Diejenigen aber, die sich dem Heiligen Geist widersetzen, wenn das Wort vom Kreuz verkündigt wird, finden keine Befreiung von ihrer Gesetzlosigkeit und Sünde. Im Gegenteil. Sie beginnen, sich von der Leuchtergemeinde zu entfernen, in die sie der Vater gesetzt hat. Der Herr weist ihnen durch Sein Wort den Ort zu, der ihrer Entscheidung entspricht, nämlich ausserhalb des Neuen Jerusalem. Woran zeigt sich das? An der abnehmenden Mitbeteiligung am Agape-Mahl und an der widersprüchlichen Lebenskultur der Gemeinschaft. Zum Beispiel halten einige an ihrem früheren Lebenswandel und Verhalten fest, obwohl der Herr ihnen neue Erleuchtung und Lehre über das Agape-Mahl gegeben hat. Andere ziehen sich aus dem Dienst in der Gemeinde zurück und beginnen vielleicht sogar, sich selbst und andere in ihren Familien und in der Gemeinde zu isolieren.

Die trennende oder polarisierende Wirkung dieses Dienstes ist eine der wichtigsten Implikationen der Taufe im Heiligen Geist. Johannes der Täufer unterstreicht dies, indem er sagt, dass Jesus Christus "euch mit Heiligem Geist und Feuer taufen wird. Er hat die Wurfschaufel in seiner Hand und wird seine Tenne gründlich reinigen und seinen Weizen in die Scheune sammeln; die Spreu aber wird er verbrennen mit unauslöschlichem Feuer". Mat3:11b-12. In denen, die im Geist wandeln, wirkt der Reinigungsprozess, durch den ihre Fleischlichkeit von ihnen genommen wird. Diejenigen hingegen, die sich dafür entscheiden, weiterhin im Fleisch zu leben, werden durch denselben Reinigungsprozess aus der Gemeinde hinausgeführt.

Wir müssen akzeptieren, dass diese Reinigung Teil unserer christlichen Erfahrung ist, wenn wir uns entschieden haben, Teil einer Leuchtergemeinde zu sein. In diesem Sinne hat der Apostel Petrus geschrieben: "Geliebte, lasst euch durch die unter euch entstandene Feuerprobe nicht befremden, als widerführe euch etwas Fremdartiges; sondern in dem Mass, wie ihr Anteil habt an den Leiden des Christus, freut euch, damit ihr euch auch bei der Offenbarung seiner Herrlichkeit jubelnd freuen könnt. (...) Denn die Zeit ist da, dass das Gericht beginnt beim Haus Gottes; wenn aber zuerst bei uns, wie wird das Ende derer sein, die sich weigern, dem Evangelium Gottes zu glauben?" 1Pe4:12-13.17.

Diese Zeit der Reinigung und Läuterung durch den Geist des Gerichts und des Verbrennens gehört zum Zeitalter der Leuchtergemeinden. Jesaja offenbart, dass sie andauern wird, bis der Vater Sich setzt und Sein Schutzdach über Seinem Volk ausbreitet. Jes4:4-5; Off7:15. Es ist ein grosser Trost zu wissen, dass, wenn der Vater Sich setzt und Sein Schutzdach über Sein Volk ausbreitet, jede gläubige Familie und jede wiederhergestellte Glaubensgemeinschaft vor Seinem Gericht auf Erden geschützt sein wird. Unsere Häuser und Gemeinden werden vor dem Gericht Gottes bewahrt werden, weil wir Sein Wort bereits empfangen und darauf reagiert haben, als Er im Geist des Gerichts und des Verbrennens zu uns kam. 1Pe4:17. Wir werden gewaschen, gereinigt und fähig sein, die grosse Schar zu sammeln und zu versorgen, die in der Zeit des Endes in Sein Reich eingehen wird.

Gräuel im Tempel

Ungehorsam gegen das Wort des Herrn ist der Ursprung aller Unreinheit. Der Herr handelt mit der Unreinheit Seines Volkes nach dem Prinzip der Verbannung. Dieses Prinzip wurde beispielhaft durch das Gericht des Herrn über das Volk Juda demonstriert, als es Seinem Wort, das durch Seine Propheten gesprochen wurde, ungehorsam war.

Der Prophet Jeremia verkündete, dass das Volk Juda für siebzig Jahre in die Gefangenschaft nach Babylon verschleppt und Jerusalem zerstört werden würde. Jer25:8-11. Den Grund für dieses Gericht erklärte der Herr wie folgt: "Aber ihr habt mir nicht gehorcht, spricht der HERR, sondern habt mich erzürnt durch das Werk eurer Hände, euch selbst zum Schaden!" Jer25:7.

Exil und Zerstörung Jerusalems erfolgte in drei grossen Wellen. Die erste Deportation der Juden nach Babylon fand 605 v. Chr. statt. Von dieser Deportationswelle waren Daniel, Schadrach, Meschach und Abednego betroffen. Die zweite Deportation fand im Jahr 597 v. Chr. statt. Unter den Deportierten befand sich auch ein junger Mann namens Hesekiel, der nach seiner Ankunft in Babylon zum Propheten ernannt wurde. Die dritte Welle war die Zerstörung Jerusalems unter der Herrschaft Zedekias um 586 v. Chr..

Vor der Zerstörung Jerusalems und des Tempels hatte der Prophet Hesekiel eine Vision, als er mit den Ältesten Judas in seinem Haus sass und die Hand Gottes, des Herrn, auf ihn fiel. Er schrieb: "Und ich sah: und siehe, eine Gestalt mit dem Aussehen eines Mannes: von seinen Hüften an abwärts Feuer; und von seinen Hüften an aufwärts wie das Aussehen eines Glanzes, wie der Anblick von glänzendem Metall."Hes8:2. Hesekiels Beobachtung der Feuererscheinung zeigt, dass der Herr kam, um Sein Volk zu reinigen und zu läutern. Er kam in demselben Geist des Gerichts und des Verbrennens, den Jesaja in seiner Prophetie beschrieben hatte. Jes4:4.

Das hebräische Wort, das in diesem Text mit "Glanz" übersetzt wird, kommt nur noch an einer anderen Stelle vor, nämlich im Buch Daniel. Der Prophet Daniel schreibt: "Und die Verständigen werden leuchten wie der Glanz der Himmelsausdehnung, und die, welche die Vielen zur Gerechtigkeit weisen, wie die Sterne immer und ewiglich." Dan12:3. Das hebräische Wort für "Glanz", das in diesen beiden Texten verwendet wird, bedeutet "ermahnen, erleuchten, lehren, warnen". Offensichtlich kommt der Herr zum Gericht durch die Verkündigung Seines Wortes durch diejenigen, die wie Sterne in seiner Hand leuchten. Dies bezieht sich nicht nur auf die Ältestenschaften, die der Apostel Johannes mit Sternen in der rechten Hand Christi gleichsetzt, sondern schliesst auch alle Söhne Gottes mit ein, die in die Gemeinschaft einer Ältestenschaft in einer Leuchtergemeinde eingebunden sind. Off1:20; 1Mo15:5.

Die Hand Gottes, des Herrn, ergriff Hesekiel bei seinem Haarschopf, und der Geist hob ihn zwischen Himmel und Erde empor und führte ihn in einer Vision nach Jerusalem an den Eingang des inneren Nordtores. Hier zeigte der Herr dem Hesekiel den abscheulichen Götzendienst des "Hauses Israel". Hes8:3-4.

Viele Jahre vor dieser Vision wurde das Volk Israel geteilt. Die zehn nördlichen Stämme, das Volk Israel, wurden von den Assyrern besiegt und über die ganze damals bekannte Welt zerstreut. Das Volk Juda wurde nach Babylon deportiert. Warum also nannte der Herr diese Praktiken "Gräuel des Hauses Israel"? Indem der Herr Hesekiel zwischen Himmel und Erde erhob und diese Praktiken als dem "Haus Israel" zugehörig bezeichnete, lenkte Er die Aufmerksamkeit auf die Praktiken aller Menschen, die sich als Teil des himmlischen Jerusalems, des wahren Israel Gottes, identifizieren, und zwar von dieser Zeit an bis zur Zeit des Endes.

Es ist bezeichnend, dass Hesekiel sah, dass dieser gotteslästerliche Gräuel in den Tempelhöfen begangen wurden. Das Volk baute weder neue Götzenstätte noch betete es an fremden heiligen Orten an. Offensichtlich gingen die Menschen davon aus, dass ihre religiösen Praktiken mit den Bräuchen des Tempels übereinstimmten. Es handelte sich jedoch um Praktiken, von denen der Herr sagt: "was ich ihnen nie geboten habe und was mir nie in den Sinn gekommen ist." Jer7:31. In Wirklichkeit unterschieden sich ihre religiösen Bräuche also nicht von den Götzendienstritualen der heidnischen Völker. Mit anderen Worten, diese Bürger des "Hauses Israel" glaubten, dass ihre Finsternis Licht sei. Mat6:23.

Ein Götzenbild der Eifersucht

Der erste Gräuel, auf den der Herr Hesekiels aufmerksam machte, war "das Götzenbild der Eifersucht", das am Eingang des Altartores stand. Hesekiel berichtete: "Menschensohn, hebe doch deine Augen auf nach Norden! Und ich hob meine Augen auf nach Norden, und siehe, da war nördlich vom Altartor dieses Götzenbild der Eifersucht, beim Eingang." Hes8:5. Das hebräische Wort für "Götzenbild", das in diesem Text verwendet wird, ist semel. Es bedeutet "gleich sein, ein Bild sein". Die Verwendung dieses Wortes ist ziemlich einzigartig. Es wird nur an zwei anderen Stellen in der Heiligen Schrift verwendet.

Die erste Verwendung dieses hebräischen Wortes für "Götzenbild" stammt von Mose im 5. Mose. Er warnte die Kinder Israel mit den Worten: "So bewahrt nun eure Seelen wohl, weil ihr keinerlei Gestalt gesehen habt an dem Tag, als der HERR aus dem Feuer heraus mit euch redete auf dem Berg Horeb, damit ihr nicht verderblich handelt und euch ein Bildnis macht in der Gestalt irgend eines Götzenbildes [semel], das Abbild eines männlichen oder weiblichen Wesens, das Abbild irgend eines Tieres, das auf Erden ist, das Abbild irgend eines Vogels, der am Himmel fliegt, das Abbild irgend eines Wesens, das auf dem Erdboden kriecht, das Abbild irgend eines Fisches, der im Wasser ist, tiefer als die Erdoberfläche; dass du deine Augen auch nicht zum Himmel hebst und die Sonne und den Mond und die Sterne und das ganze Heer des Himmels anschaust und dich verführen lässt, sie anzubeten und ihnen zu dienen, die doch der HERR, dein Gott, allen Völkern unter dem ganzen Himmel zugeteilt hat." 5Mo4:15-19.

Die zweite Verwendung dieses Wortes findet sich im Bericht über die Herrschaft Manasses, des bösen Königs von Juda. Manasses Bosheit war beispiellos. Er baute Altäre für die Baalim und machte hölzerne Bilder. Er betete das ganze Heer des Himmels an und baute ihnen Altäre in den beiden Vorhöfen des Hauses des Herrn. Er liess seine Söhne durchs Feuer gehen, übte Wahrsagerei, Hexerei und Zauberei aus und befragte Medien und Spiritisten. Nachdem die Heilige Schrift Manasses Bosheit beschrieben hat, heisst es dort: "Er setzte auch das Götzenbild [semel], das er machen liess, in das Haus Gottes." 2Ch33:7a. Offensichtlich wurde die Verderbtheit des Volkes durch dieses Bild zum Ausdruck gebracht.

Die Götzenbilder und Altäre, die Manasse in den Vorhöfen des Hauses des Herrn aufgestellt hatte, wurden von dem späteren Reformator, König Josia, entfernt und zerstört. 2Ch34:3-7. Sie befanden sich also nicht in dem Tempel, der Hesekiel gezeigt wurde. Vielmehr spiegelten die religiösen Praktiken des Hauses Israel das Götzenbild der Eifersucht wider, das von Mose erwähnt und von Manasse errichtet worden war. Was waren das für Praktiken, die als "Götzenbild der Eifersucht" bezeichnet wurden und die den Herrn zur Eifersucht reizten?

Der Herr lenkte Hesekiels Aufmerksamkeit auf die Anbetung eines Bildes, das etwas anderem glich. Wie wir früher gesehen haben, assen Adam und Eva von der Frucht des Baumes der Erkenntnis des Guten und Bösen, nachdem sie vom Teufel dazu verführt worden waren, die Schöpfungskraft Gottes zu begehren. Getrieben von einem starken Verlangen der Eifersucht, assen sie von der Frucht des Baumes der Erkenntnis des Guten und Bösen und strebten danach, "wie Gott" zu werden. Sie hatten Gott durch eine von ihnen geschaffene Projektion ihrer selbst ersetzt, die sie nun anbeteten. Die Tatsache, dass dieses Bild in den Büchern 5. Mose und 2. Chronik erwähnt wird, macht deutlich, dass die Anbetung eines Selbstbildnisses in der Gestalt Gottes die Grundlage allen Götzendienstes darstellt. Sie führt zu allen anderen Gräueln im Haus des Herrn, die immer abscheulicher werden.

Gräuel im Finstern

Der Herr führte Hesekiel zum Tor des Vorhofs und befahl ihm, ein Loch in die Wand zu graben, wo er eine weitere Tür fand, durch die er auf Geheiss des Herrn eintreten sollte. Hesekiel schrieb auf, was er sah: "Da ging ich hinein und schaute, und siehe, da waren allerlei Bildnisse von Gewürm und gräulichem Getier, auch allerlei Götzen des Hauses Israel ringsum an die Wand gezeichnet. Und vor ihnen standen 70 Männer von den Ältesten des Hauses Israel, und mitten unter ihnen stand Jaasanja, der Sohn Schaphans; und jeder von ihnen hatte eine Räucherpfanne in seiner Hand, und der Duft einer Weihrauchwolke stieg auf. Da sprach er zu mir: Menschensohn, hast du gesehen, was die Ältesten des Hauses Israel im Finstern tun, jeder in seinen Bilderkammern? Denn sie sagen: Der HERR sieht uns nicht; der HERR hat dieses Land verlassen!" Hes8:10-12.

Hesekiel wurde vor Augen geführt, dass diejenigen, die sich anmassten, im Haus des Herrn zu dienen, im Verborgenen Dinge taten, die unrein waren. Die Kriechtiere und die abscheulichen Tiere waren Tiere, die Gott ausdrücklich als unrein und ungeeignet zum Verzehr bezeichnet hatte. 3Mo11:41-47. Hesekiel erkannte, dass der unreine Verzehr gleichbedeutend war mit dem Betrachten von Bildern, die an den Wänden des Hauses der Leiterschaft gezeichnet waren.

Die Gebete dieser Leiter waren geprägt von der Vielfalt der unreinen Bilder und Medien, die sie konsumierten. Wir können diese Dynamik aus zwei verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Einserseits nehmen solche Leiter am Agape-Mahl teil, obwohl sie unreine Bilder und Medien konsumiert haben, als ob das, was im Verborgenen geschieht, keinen Einfluss auf diese Gemeinschaft hätte. Andererseits wird das, was sie konsumieren, zu dem, was sie anbeten und zu dem Lebensstil, den sie anstreben und für den sie beten.

Die Anbetung des Tammuz

Dann befahl der Herr Hesekiel, sich noch einmal umzudrehen, um noch grössere Gräuel zu sehen als die, die in der Finsternis geschehen waren. Hesekiel schrieb über seine Beobachtungen: "Und er führte mich zu dem Eingang des Tores am Haus des HERRN, das gegen Norden liegt; und siehe, dort sassen Frauen, die den Tammuz beweinten." Hes8:14.

In der phönizischen Mythologie war Tammuz ein Fruchtbarkeitsgott, der der Natur neues Leben schenken konnte. Man glaubte, dass er jedes Jahr starb und jedes Jahr wiedergeboren wurde, was dem jährlichen Zyklus der Jahreszeiten und der Ernten entsprach. Tammuz ist ein Beispiel für das, was einige Anthropologen als "sterbende und wiederauferstehende Götter" bezeichnen, die in vielen Zivilisationen anzutreffen sind. Mehrere Bibelkommentatoren haben Tammuz mit der Anbetung der griechischen mythologischen Figur Adonis in Verbindung gebracht, die ebenfalls in diese Kategorie eingeordnet wurde. Die Anbetung dieser Götzen durch Frauen war eine pervertierte Liebe, die oft mit sexueller Sittenlosigkeit einherging.

Die Frauen, die Hesekiel an der Tür zum Tor des Hauses des Herrn beobachtete, gaben sich offensichtlich als Angehörige des Hauses des Herrn zu erkennen. Sie weinten um einen "sterbenden und lebendigen Gott", von dem sie glaubten, dass er sie befähigen würde, das Leben nach ihrem eigenen Bild und ihrer Ähnlichkeit zu gestalten. In diesem Sinne spiegelte ihr Weinen den Schmerz wider, von dem Gott sagte, dass er das Schicksal der gefallenen Frauen sein würde. Wir erinnern uns, dass der Herr nach dem Sündenfall zu der Frau sagte: "Ich will die Mühsal deiner Schwangerschaft sehr gross machen; mit Schmerzen sollst du Kinder gebären; und dein Verlangen wird auf deinen Mann gerichtet sein, er aber soll über dich herrschen!" 1Mo3:16. Das war derselbe Schmerz, den Rahel empfand, als sie aus Eifersucht von Jakob verlangte: "Gib mir Kinder! Und wenn nicht, dann sterbe ich!" 1Mo30:1.

Diese Frauen sagen nicht ja zu dem Prozess, der sie von diesem grundlegenden fleischlichen Trieb befreit. Auf diese Weise versuchen sie, den Herrn dazu zu bringen, sie zu segnen, indem Er ihre romantischen Wünsche für ihr Leben und ihre Familie erfüllt. Mit anderen Worten, die Praxis einer fleischlichen Christin, die den Prozess der Reinigung ablehnt, den Christus durch die Gemeinschaft mit Seinem Opfer und Leiden anbietet, ist die abscheuliche Anbetung des Tammuz.

Auf Seinem Opferweg begegnete Jesus Frauen, deren Weinen auf eine solche Verblendung hinzuweisen schien. Lukas hat dies in seinem Bericht über den Weg Christi vom Prätorium nach Golgatha festgehalten: "Es folgte ihm aber eine grosse Menge des Volkes, und dazu Frauen, die ihn auch beklagten und betrauerten. Da wandte sich Jesus zu ihnen und sprach: Ihr Töchter Jerusalems, weint nicht über mich; weint vielmehr über euch selbst und über eure Kinder! Denn siehe, es kommen Tage, da man sagen wird: Glückselig sind die Unfruchtbaren, und die Leiber, die nicht geboren, und die Brüste, die nicht gestillt haben! Dann wird man anfangen, zu den Bergen zu sagen: Fallt über uns! und zu den Hügeln: Bedeckt uns! Denn wenn man dies mit dem grünen Holz tut, was wird mit dem dürren geschehen?" Luk23:27-31.

Hätten diese Frauen nicht begonnen, über ihren eigenen gefallenen Zustand und dessen Auswirkungen auf ihre Kinder zu wehklagen, so wäre ihre Hingabe an Christus kaum mehr als ein götzendienerischer Ausdruck gewesen. Dieser gehörte zu den Gräueln des natürlichen Tempels und der Stadt, über die bereits die Verdammnis verkündet worden war. Ihr Ende wäre dasselbe gewesen wie das Ende der Stadt und des Tempels, nämlich Verwüstung.

In Seinen Sendschreiben an die sieben Gemeinden, die im Buch der Offenbarung aufgezeichnet sind, beschreibt Jesus diesen gefallenen weiblichen Einfluss in der Gemeinde als "die Lehre der Isebel". Er tadelte die Ältestenschaft in Thyatira mit den Worten: "Aber ich habe ein weniges gegen dich, dass du es zulässt, dass die Frau Isebel, die sich eine Prophetin nennt, meine Knechte lehrt und verführt, Unzucht zu treiben und Götzenopfer zu essen. Und ich gab ihr Zeit, Busse zu tun von ihrer Unzucht, und sie hat nicht Busse getan." Off2:20-21. Offensichtlich ist das Weinen um Tammuz ein Thema, das der Herr in Seinen Gemeinden zu einem Ende bringt.

Die Anbetung der Sonne

Dann zeigte der Herr Hesekiel einen vierten Gräuel. Dieser war noch grösser als die Gräuel, die Er zuvor beschrieben hatte. Dann sprach Er zu mir: "Hast du das gesehen, Menschensohn? Du wirst noch mehr und grössere Greuel sehen als diese! Und er führte mich in den inneren Vorhof des Hauses des HERRN; und siehe, am Eingang zum Tempel des HERRN, zwischen der Halle und dem Altar, waren etwa 25 Männer; die kehrten dem Tempel des HERRN den Rücken, ihr Angesicht aber nach Osten; und sie warfen sich nach Osten anbetend vor der Sonne nieder." Hes8:15-16.

Obwohl es möglich ist, dass diese Menschen tatsächlich einen heidnischen Sonnengott anbeteten, ist es wahrscheinlicher, dass die Art und Weise, wie sie Gott anbeteten, sich nicht von der Anbetung von Sonnengöttern in anderen Kulturen unterschied. Die Anbetung der Sonne ist eine Form des Götzendienstes, die in den meisten antiken Zivilisationen anzutreffen ist. Ein gemeinsames Merkmal dieses heidnischen Kultes ist die Vormachtstellung des Sonnengottes gegenüber anderen Gottheiten. Das heisst, der Sonnengott ist die höchste Gottheit in einer Hierarchie von Gottheiten.

Das Verhalten des fleischlichen christlichen Mannes

Auf der grundlegendsten Ebene ist die Anbetung der Sonne Ausdruck des fleischlichen christlichen Mannes, der nicht von dem grundlegenden Verlangen befreit ist, das durch den Sündenfall in ihm wohnt. Es ist das gefallene Verlangen durch die eigene Weisheit und Macht zu herrschen. Sei es in der Familie, in der Gemeinde oder in der Welt. Es ist der Ausdruck eines Mannes, der wie ein gefallener Cherub geworden ist und sich anmasst, "an Gottes Stelle" zu sein.

Der fleischliche Mann sucht die Bestätigung seiner Identität in der Unterordnung oder zumindest in der Bestätigung durch andere oder in der Ermächtigung durch die Verbindung mit denen, die die Autorität, die Fähigkeit oder das Charisma besitzen, die er für sich selbst begehrt. Vergleich und Bewertung seiner selbst und anderer bilden die Grundlage seiner Selbstbestätigung. Wie wir schon früher gesehen haben, ist Zorn oder Wut eine herausragende Frucht dieser Lebensweise.

Fleischliche Theologien

Die gefallene, hierarchische Art der Beziehungen in der Kirche, die der Herr mit der Anbetung der Sonne vergleicht, ist das Ergebnis einer wenig hilfreichen Theologie, insbesondere in Bezug auf die Existenz und den Ausdruck der Gottheit. Bezeichnenderweise ist eine hierarchische Sicht der Gottheit in den Glaubensbekenntnissen verankert, die die Lehre und Praxis der grossen Denominationen bestimmen. Dazu gehören das Nizänische Glaubensbekenntnis, das Athanasianische Glaubensbekenntnis und das Westminster-Bekenntnis. Das Westminster-Bekenntnis von 1647 zum Beispiel, das die grundlegende normative und lehrmässige Erklärung einer der grossen Denominationen darstellt, verkündet: "Der Vater ist von niemandem weder gezeugt noch ausgehend; der Sohn ist in Ewigkeit vom Vater gezeugt; der Heilige Geist geht in Ewigkeit vom Vater und vom Sohn aus". Artikel 2.3.

Eine grundlegende Implikation dieser Trinitätstheologie ist, dass die Existenz des Sohnes vom Vater abhängt und aus Ihm hervorgeht. Die Existenz des Heiligen Geistes hängt vom Vater und vom Sohn ab, was eine Hierarchie innerhalb der Gottheit impliziert. Diese Theologie verkennt die Opfergemeinschaft, die dem Namen Jahwe Elohim zugrunde liegt. Die Leitungsstruktur vieler Gemeinden ist von einem hierarchischen Gottesverständnis geprägt, sei es explizit oder implizit. Die Autorität einer Person und die Art und Weise, wie sie innerhalb der Gemeinde mitwirkt, ist ein Spiegelbild ihres Platzes innerhalb der Hierarchie.

Das Evangelium hingegen sagt, dass die Autorität zum Namen eines Sohnes Gottes gehört. Luk19:17. Diese Autorität erhalten wir, wenn wir wiedergeboren sind. Die Autorität unseres Namens als ein Sohn Gottes wird durch die Taufe in Christus aktiviert. Dies ist die Autorität, einander durch die Agape-Liebe zu dienen. Gal5:13. Es ist das Recht, sich an dem Agape-Mahl am Baum des Lebens mitzubeteiligen, entsprechend unserer Heiligung.

"Evangelien", die leugnen, dass ein Mensch buchstäblich aus dem Leben Gottes geboren werden und den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist selbst kennen kann, haben die Pervertierung der Agape-Gemeinschaft in der Kirche noch verstärkt. Ein klassisches und offensichtliches Evangeliumsverständnis, das diese Form der Anbetung in der Gemeinde widerspiegelt, ist der Calvinismus. So schrieb Johannes Calvin: "Christus nannte Ihn Seinen Gott, indem Er Knechtsgestalt annahm und Sich selbst erniedrigte (Phi2:7). Das ist also Seiner menschlichen Natur eigen, wird aber um der Einheit willen, weil Er zugleich Gott und Mensch ist, auf Seine ganze Person angewandt. Was eine zweite Aussage betrifft, in der Er sagt, dass Er zu Seinem Vater und unserem Vater auffährt (Joh20.17), so besteht ein Unterschied zwischen Ihm und uns; denn Er ist von Natur aus Gottes Sohn, während wir nur durch Adoption Gottes Söhne sind". Dementsprechend betrachtete Calvin die Bezeichnung des Menschen als Sohn Gottes als Allegorie oder Bild für seine Beziehung zum Schöpfer. Calvin vergleicht die Beziehung des Menschen zu Gott mit der Abhängigkeit einer Blume von der Sonne, die ihr Leben gibt und sie wachsen lässt.

Seufzen und Klagen

Nachdem der Herr dem Propheten Hesekiel die abscheulichen Praktiken derer offenbart hatte, die sich anmassten, zur Gesellschaft des Tempels zu gehören, kündigte er Sein Gericht an. "Und er rief mir mit lauter Stimme in die Ohren und sprach: Kommt herbei, ihr Aufseher über die Stadt! Jeder nehme seine Zerstörungswaffe in die Hand! Und siehe, da kamen sechs Männer auf dem Weg vom oberen Tor her, das nach Norden schaut, und jeder hatte seine Waffe zum Zerschlagen in der Hand; in ihrer Mitte aber war ein Mann, der trug ein leinenes Gewand und hatte ein Schreibzeug an seiner Hüfte; diese gingen hinein und stellten sich neben den ehernen Altar". Hes9:1-2. Diese sieben Männer waren vom Herrn eingesetzte Aufseher der Stadt. Wir erkennen den Zusammenhang zwischen den "sieben Männern" und den "sieben Sternen in der Rechten Christi", die den in der Offenbarung genannt sieben Leuchtergemeinden das Licht der Lampe geben. Off1:20.

"Da erhob sich die Herrlichkeit des Gottes Israels von dem Cherub, über dem sie gewesen war, hin zur Schwelle des Hauses; und er rief dem Mann zu, der das leinene Gewand trug und das Schreibzeug an der Hüfte hatte. Und der HERR sprach zu ihm: Geh mitten durch die Stadt, mitten durch Jerusalem und mache ein Zeichen auf die Stirn der Leute, die seufzen und jammern (klagen) über all die Gräuel, die in ihrer Mitte verübt werden"! Hes9:3-4. Der Mann mit dem Schreibzeug könnte eine Theophanie Christi gewesen sein. Es ist aber auch möglich, dass er zu den Aufsehern der Stadt gehörte. Leinene Gewänder trug der Hohepriester am Versöhnungstag. Sie waren aber auch die Kleidung der Priester für ihren täglichen Dienst im Tempel. Wir erinnern uns auch daran, dass es Jahwe war, der zu dem Mann mit dem Schreibzeug sprach. Da Christus die Verkörperung Jahwes war, ist es weniger wahrscheinlich, dass der Mann mit dem Schreibzeug eine Theophanie Christi war, denn dann hätte Jahwe ja Sich selbst angesprochen.

In Anspielung auf die Arbeit der Aufseher, die durch Seufzen und Klagen gekennzeichnet ist, schrieb der Apostel Paulus: "Gehorcht euren Führern ("Aufsehern") und fügt euch ihnen; denn sie wachen über eure Seelen als solche, die einmal Rechenschaft ablegen werden, damit sie das mit Freuden tun und nicht mit Seufzen; denn das wäre nicht gut für euch!" Heb13:17. Wir erinnern uns aber auch daran, dass Paulus in seinem Brief an die Römer die Namen derer aufzählt, die er als in Christus bewährt erachtet. Röm16:3-15. Es ist bemerkenswert, dass Paulus diese Erstlingsbrüder von denen unterscheidet, die durch ihre Vorliebe für Lehren, die sie nicht von Paulus gelernt hatten, Spaltungen und Ärgernisse verursachten. Er sagte, dass sie "nicht unserem Herrn Jesus Christus dienen, sondern ihrem eigenen Bauch, und durch wohlklingende Reden und schöne Worte verführen sie die Herzen der Arglosen". Röm16:17-18.

Ein Mensch "seufzt und klagt nicht über die Gräuel" im Haus Israel, indem er auf die Unzulänglichkeiten der Ältestenschaft oder der Gemeinde hinweist oder sich gar darüber beklagt. Der Herr bezeichnete dieses Verhalten als "mit dem Finger zeigen" und nannte es ein Kennzeichen derer, die Übertreter und Sklaven der Sünde sind. Jes58:1.9. Vielmehr seufzen und klagen wir, wenn wir uns nicht vor unserem eigenen Fleisch verstecken als Antwort auf das Licht des Wortes. Jes58:7. Das heisst, wir antworten mit Busse und Glauben auf das Wort des Herrn, das durch Seine Boten verkündet wird. Deshalb sind wir fähig, über unsere Gesetzlosigkeit und Sünde zu wehklagen, die Verwüstung in der Gemeinde anrichten.

Seufzen und Klagen hat nichts mit Selbstmitleid zu tun. Es ist ein Ausdruck des Glaubens, der entsteht, wenn wir aufmerksam auf das Wort Gottes hören, das uns unsere Fleischlichkeit offenbart. Dieser Ausdruck des Glaubens wird durch den Heiligen Geist ermöglicht und beginnt mit der Gemeinschaft des Gebets. Wie Paulus lehrte: "Ebenso kommt aber auch der Geist unseren Schwachheiten zu Hilfe. Denn wir wissen nicht, was wir beten sollen, wie sich’s gebührt; aber der Geist selbst tritt für uns ein mit unaussprechlichen Seufzern". Rom8:26.

Dieses Gebet vereint uns jeden Tag mit der Gemeinschaft des Opfers und des Leidens Christi. Das Seufzen und Klagen enthält offensichtlich den Schmerz der Leiden, die wir mit Christus teilen. In dieser Gemeinschaft wird unsere Fleischlichkeit von uns abgeschnitten, und das Blut Christi reinigt unsere Herzen von unserem schlechten Gewissen. So wird das Leben in Seinem Blut auch unser Leben, und wir erfüllen den Willen Gottes, der zu unserer Heiligung als Auserwählte gehört. Seufzen und Klagen ist die Kultur der Untadeligen! Die Untadeligen sind diejenigen, die Satan überwinden, einzeln, in ihren Familien und in der Gemeinde.

Die Rede vom Glauben, der das Kennzeichen derer ist, die untadelig wandeln, schliesst auch die Gemeinschaft mit der Ältestenschaft ein. So werden wir von der Ältestenschaft erkannt und geprägt. Das bedeutet nicht, dass wir bei jedem Wort, das wir hören und von dem wir überführt werden, einen Ältesten fragen müssen. Es bedeutet vielmehr, dass unser Verhalten und unsere Reaktion auf das Wort dasselbe ist wie das Verhalten und die Reaktion derer, die zur Ältestenschaft gehören.

Johannes beschrieb die Kultur dieser Gemeinschaft so: "Was von Anfang war, was wir gehört haben, was wir mit unseren Augen gesehen haben, was wir angeschaut und was unsere Hände betastet haben vom Wort des Lebens (...) was wir gesehen und gehört haben, das verkündigen wir euch, damit auch ihr Gemeinschaft mit uns habt; und unsere Gemeinschaft ist mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus. Und dies schreiben wir euch, damit eure Freude vollkommen sei". 1Jo1:1,3-4; vgl. Heb13:17.

Gemeinschaft mit der Ältestenschaft bedeutet, auf das Wort Gottes zu reagieren und in der gleichen Weise Zeugnis zu geben wie diejenigen, die sich um die Gemeinde kümmern. Wir haben ein Ohr für das verkündigte Wort. Wir empfangen die Erleuchtung durch den Geist. Wir schauen auf Christus, Den wir durchbohrt haben, und wehklagen über unsere Sünde mit der Trauer, die zur Busse führt. Und wir setzen das Wort um, wie es unserer Heiligung entspricht.

Die zerstörerische Wirkung des Wortes

Die "Vernichtungswaffen" in den Händen der Ältesten, die gesandt wurden, um das Verderben zu bringen, wurden auch als "zerschmetternde Waffen" bezeichnet. Der Apostel Paulus bezieht sich in seinem zweiten Brief an die Korinther auf diese Waffen, wenn er schreibt: "Ich selbst aber, Paulus, ermahne euch angesichts der Sanftmut und Freundlichkeit des Christus, der ich von Angesicht zu Angesicht demütig bin bei euch, abwesend aber mutig gegen euch... denn die Waffen unseres Kampfes sind nicht fleischlich, sondern mächtig durch Gott zur Zerstörung von Festungen, so dass wir Vernunftschlüsse zerstören und jede Höhe, die sich gegen die Erkenntnis Gottes erhebt, und jeden Gedanken gefangennehmen zum Gehorsam gegen Christus, und auch bereit sind, jeden Ungehorsam zu bestrafen, sobald euer Gehorsam vollständig geworden ist". 2Ko10:1,4-6.

Das Wort, das Gottes Gericht über einen Menschen bringt, wird von den Aufsehern nicht aus Bosheit oder in der Absicht, Schaden anzurichten, gesprochen. Wir haben soeben gelesen, dass die Boten Gottes in der Sanftmut und Milde Christi dienen. Im Gehorsam gegenüber dem Vater verkünden sie das Wort der Wahrheit, das zwischen Finsternis und Licht und zwischen Unreinem und Reinem unterscheidet.

Die Wirkung dieses Wortes hängt davon ab, wie ein Mensch es aufnimmt. Diejenigen, die diese Botschaft aufnehmen und glauben, werden in den Prozess der Befreiung von der Gesetzlosigkeit einbezogen. Sie werden von der Sünde gereinigt und in ihrer Heiligung als Teil des Leibes Christi etabliert. Diejenigen aber, die das Wort ablehnen, werden aus der himmlischen Stadt hinausgeworfen und dort von Gott vergessen. Das ist die verheerende Wirkung der geistlichen Kriegswaffen in den Händen der Ältestenschaft.

Zum Zorn oder zur Barmherzigkeit bestimmt

Es ist wichtig zu erwähnen, dass es nicht das erste Mal war, dass der Herr Sich an Sein Volk wegen ihrer götzendienerischen Praktiken wandte. Aber Sein beharrliches Bemühen um Sein Volk hatte nun einen Höhepunkt erreicht. Dies war ihre letzte Gelegenheit, sich von ihrem Götzendienst abzuwenden und die Lebenskultur der Anbetung wiederherzustellen, die zu Seinem Haus gehört. Es ist bemerkenswert, dass die sieben Männer, als sie durch das obere, nach Norden gerichtete Tor kamen, eintraten und sich neben den Bronzealtar stellten. Es war wie ein "Altaraufruf", mit dem der Herr Seinem Volk eine letzte Gelegenheit gab, Busse zu tun und auf das Wort vom Kreuz zu reagieren.

Die polarisierende Wirkung des Wortes endet "an einem Tag" und "zu einer Stunde", wenn man es am wenigsten erwartet. Luk12:40. Dann kommt der Herr und setzt einen Menschen endgültig an den Ort und in die Rolle, die er nach und nach für sich selbst gewählt hat. Wenn das geschieht, gibt es für ihn kein Heilmittel und keine Rettung mehr. König Salomo erinnert sich an diesen Grundsatz, wenn er schreibt: "Ein Mann, der [trotz] Ermahnungen halsstarrig bleibt, wird plötzlich zerschmettert werden ohne Heilung". Spr29:1. Salomo erläutert diesen Grundsatz weiter: "Ein Taugenichts, ein nichtswürdiger Mensch ist, wer umhergeht mit trügerischen Reden und dabei mit seinen Augen blinzelt, mit seinen Füssen Zeichen gibt und mit seinen Fingern deutet. Verkehrtheit ist in seinem Herzen, er schmiedet Böses; allezeit streut er Zwietracht aus. Darum wird sein Verderben plötzlich über ihn kommen; augenblicklich wird er zerschmettert werden, unrettbar". Spr6:12-15.

Diese Dimension des Gerichtes Gottes wurde in der Reaktion des Pharao auf das Wort des Herrn durch Seine Boten Mose und Aaron veranschaulicht. Immer wieder verhärtete der Pharao sein Herz gegenüber dem Wort und der Weisung des Mose, bis zu dem Zeitpunkt, als der Herr selbst das Herz des Pharao verhärtete. Als der Herr dies tat, konnte der Pharao nicht mehr auf das Wort des Herrn hören, das Mose gesprochen hatte. 2Mo9:12. Er war zum Gefäss des Zornes Gottes gemacht worden, damit der Herr Seine Herrlichkeit an den Israeliten kundtun konnte, die Gefässe der Barmherzigkeit waren.

Der Apostel Paulus erklärt diesen Grundsatz und fragt: "Wenn nun aber Gott, da er seinen Zorn erweisen und seine Macht offenbar machen wollte, mit grosser Langmut die Gefässe des Zorns getragen hat, die zum Verderben zugerichtet sind, damit er auch den Reichtum seiner Herrlichkeit an den Gefässen der Barmherzigkeit erzeige, die er zuvor zur Herrlichkeit bereitet hat? Als solche hat er auch uns berufen, nicht allein aus den Juden, sondern auch aus den Heiden". Röm9:22-24.

Paulus wollte damit nicht sagen, dass manche Menschen von Gott als Gefässe des Zorns erschaffen wurden, damit Er Seinen Zorn an ihnen auslassen kann, während Er denen, die zur Barmherzigkeit geschaffen wurden, Gnade erweist. Ganz im Gegenteil! Er will, dass jeder Mensch das kostbare Erbe der Sohnschaft erlangt, das Er für ihn vorherbestimmt hat. 2Pe3:9. "Gefässe des Zorns" sind Menschen, die als Reaktion auf das polarisierende Wort vom Kreuz beharrlich und eigenverantwortlich ihren eigenen Weg wählen. Am Ende übergibt Gott sie ihrer Entscheidung, und sie werden zu "Gefässen des Zorns". Diese Bestimmung ist so eindeutig, dass man meinen könnte, sie seien zu diesem Zweck geschaffen worden.

Andererseits werden diejenigen, in denen das Fundament der Busse und des Glaubens an Gott gelegt worden ist, von der Sünde und Gesetzlosigkeit befreit, die sie sonst von der Liebe Gottes trennen würden. Heb6:11. Röm8:35-39. Sie können sich für diese Gemeinschaft zur Verfügung stellen durch die Barmherzigkeit Gottes, die jeden Morgen neu ist. Röm12:1; Kla3:22-23. Das bedeutet, "ein Gefäss der Barmherzigkeit" zu sein. Gott offenbart ihnen den Reichtum Seiner Herrlichkeit, wenn sie zu den Söhnen Gottes heranwachsen, zu denen Er sie vorherbestimmt hat.

Jesus sprach über die beiden Auswirkungen Seines polarisierenden Wortes so: "Gott aber, wird er nicht seinen Auserwählten Recht schaffen, die Tag und Nacht zu ihm rufen, wenn er auch lange zuwartet mit ihnen? Ich sage euch: Er wird ihnen schnell Recht schaffen! Doch wenn der Sohn des Menschen kommt, wird er auch den Glauben finden auf Erden?" Luk18:7-8.

Jesus bezog Sich auf Seine physische Rückkehr auf die Erde am Ende des kommenden achten Weltreiches. Die "letzte Stunde", die der Errichtung dieses Reiches vorausgeht, ist der letzte Zeitabschnitt, in dem das Evangelium als evangelistische Initiative auf der Erde gepredigt werden wird. Am Ende dieses Zeitabschnitts wird kein einziger Mensch auf der Erde mehr gläubig sein. Deshalb wird Jesus, wenn Er ein zweites Mal erscheint, auf der Erde keinen Glauben finden. Die Gläubigen werden nicht mehr in der Welt sein, sondern Bürger des Reiches Gottes sein.

Dies ist ein Auszug aus dem Buch "Becoming the Israel of God" ("Das Israel Gottes werden") von Victor Hall (mit Peter Hay und David Baker).